60 Jahre an der Kirchenorgel
Text&Foto: Friedhelm Tomba
Serkenrode – Alois Reker wird ein ruhiges Jubiläum feiern müssen. Register, Pfeifen und Manuale liegen im Dornröschenschlaf. Alles abgesagt – auch die Kirche hält wegen Corona den Atem an. Dabei sollte die Orgel der St. Johannes Pfarrkirche Serkenrode zum Klang- und Schallerlebnis werden: Kirchenorganist Alois Reker kann auf eine 60-jährige Tätigkeit als Gottesdienstbegleiter zurückblicken.
„Früher war die Kirche voller, aber es hat sich schon immer alles gewandelt. Nun zeigt sich, wie tief der eigene Glaube ist.“ Der Mann, der sogar bei den Erstkommunionen seiner drei Söhne auf der Orgelbank saß, blickt zurück. „Eigentlich bin ich wegen dieser Orgel nach Serkenrode umgezogen.“
Alois Reker wurde 1934 in Ramsbeck, das heute zur HSK Gemeinde Bestwig gehört, geboren. Als junger Lehrer fuhr er mit dem Motorrad und einem Harmonium als Sozius „über die Dörfer“ und sammelte als musikalischer Taktgeber der Gottesdienste in Osterwald und Co. frühzeitig Erfahrungen in Sachen Kirchenmusik. Als 1960 das damalige Amt Serkenrode einen Lehrer für die Volksschule suchte, endeten die untypischen Motorradausflüge. „Der damalige Amtsdirektor suchte einen Lehrer, der zugleich aber auch das Amt des Kirchenorganisten übernehmen konnte.“ So führte den langjährigen „Magister“ an den Schulen in Serkenrode, Fretter und Finnentrop der Weg ins Frettertal. Mit nötigem Grundwissen ausgestattet, brachte er sich als Autodidakt die Künste an der Königin der Musikinstrumente bei. „Man gibt sich eben da dran.“
Orgelspielen persönliche Zukunft
Alois Reker, der sich als Gemeinderatsmitglied und engagierter Politiker nicht nur in der Gemeinde Finnentrop einen Namen gemacht hat, weiß, dass er – wie die Orgel – nicht mehr der Jüngste ist. „Man wird in meinem Alter nicht mehr gebraucht. Das Orgelspielen ist meine ganz persönliche Zukunft.“
Gebraucht wird er aber nach wie vor: Kirchenbesucher wissen, was sie an „ihrem“ Organisten haben. Erinnerungen werden wach: Sieben Priester, die im Pfarrhaus an der Fretterstraße ihren Wohnsitz hatten, sprachen mit Alois Reker in der St. Johannes Pfarrkirche die Liedfolgen ab. „Hinzu kommen unzählige Priestervertretungen.“ Wie am „ersten Tag“ ist der Meister seines Fachs vor jedem ersten Ton enorm angespannt. „Die Angst sitzt mit auf der Bank. Kann ich mich noch konzentrieren?“
Er kann es – zumal sich Reker eines besonderen Vorbereitungsrituals unterzieht. Früher wurden die einzelnen Liedstücke in der Sakristei kurz vor dem Gottesdienst abgesprochen. Da die Priester jetzt aufgrund der größeren Zusammenschlüsse „Reisende im Auftrag des Herrn“ sind und nicht mehr ständig vor Ort sein können, werden die „Liedaufträge“ den Organisten des Pastoralverbundes mittels Post oder E-Mail lange im Voraus zugestellt.
Home Office der besonderen Art
Alois Reker zieht sich dann zu Hause zurück, macht die Augen zu und geht im „Home Office der besonderen Art“ jedes Lied, Ton für Ton, im Geiste durch. Das Zusammenspiel von Gedächtnis und Erfahrung simuliert lautlos die komplette Liedfolge des Gottesdienstes. 60 Jahre Organist – wie lange kann und will er das Amt hoch oben im Obergeschoss der Kirche noch ausüben? „Tja, wenn ich so zurückblicke, stelle ich fest, dass der liebe Gott es ganz gut mit mir gemeint hat. Also mache ich, so lange es irgendwie geht, weiter.“
Der Orgelspieler, der die Kirchgänger mittels Keyboard auch schon bei Feldgottesdiensten auf dem Sportplatz begleitete, wird die Register auf dem Weg in seine ganz persönliche Zukunft weiterhin bedienen.