Wenn Jogi Löws Kicker am Sonntag, 17. Juni um 17 Uhr bei der Fußballweltmeisterschaft in Russland gegen Mexiko antreten, interessiert das in Serkenrode kaum jemand.
118 Schützenbrüder des 366 Mitglieder zählenden Vereins trafen am Samstag auf der Generalversammlung eine klare Entscheidung. Georg Schmitt-Degenhardt redete nicht lange drum herum: „Wenn ihr es wollt, wird das Spiel live auf einer Leinwand hier in der Schützenhalle gezeigt.“ Der sichtlich locker aufgelegte Schützenchef ließ abstimmen. 116 stimmten dagegen, zwei dafür: Ausnahmsweise wurde damit der Fußball ins Abseits bugsiert.
Kein Wunder, das sich die Schützen gegen „Jogi“ entschieden: Zeitgleich zum Spiel steigert sich das Szenario rund um das 200jährige Jubiläumsschützenfest dem Höhepunkt entgegen.
Neben den „hauseigenen“ Schützen, werden zum Festzug durch den Ort mehr als 1000 Gäste erwartet. Acht Musikvereine und 13 Schützenvereine werden sich wie ein Lindwurm durch Serkenrode schlängeln. Eine Ehrentribüne wird es nicht geben, Hendrik Schörmann wird den gigantischen Blickfang im Bereich der Kreuzung im Oberdorf über Mikrofon kommentierten.
„So ein Fest werden wir nur einmal erleben“ – die Wortmeldung aus der Versammlung erntete lautstarken Applaus und stellte die Vorfreude über das Highlight im Sauerland bereits schon jetzt eindeutig über das Gekicke in Russland.
Der Vorstand der St. Johannes Schützenbruderschaft hat sich bereits seit geraumer Zeit mit den Planungen zum Jubiläumsfest beschäftigt. Die Geburtstagsparty beginnt bereits am Freitag, 15. Juni um 19 Uhr mit einer Bierprobe im eigens aufgebauten 350 Personen-Festzelt vor der Schützenhalle. „Um 23 Uhr ist aber Schluss, denn wir haben noch viel vor“. Das traditionelle Fahnenaufhängen in den einzelnen Straßenzügen, das freitags das Schützenfest in Serkenrode einläutet, muss also etwas vorverlegt werden.
Am Samstag, 16. Juni, ist man „fast“ noch unter sich: Nach dem Antreten um 15 Uhr findet um 16 Uhr in der Kirche ein Schützenhochamt statt. Königsschießen der Jungschützen und ein Kaiserschießen runden das „Outdoor-Programm“ ab. Vor dem Tanzabend in der Schützenhalle ist „Gänsehautfeeling“ angesagt: Um 21.30 Uhr heißt es „Stillgestanden“ zum „Großen Zapfenstreich.“ Ehrungen finden am Samstag nicht statt, die werden am Freitag, 7. September (dem offiziellen Genehmigungsdatum der Vereinsgründung und damit dem eigentlichen Geburtstag des Schützenvereins) im Rahmen eines Kommersabends nachgeholt.
Der Sonntag beginnt mit einer Busfahrt der Schützen um 9.30 Uhr in Richtung Schliprüthen (!). Richtig gelesen: Wie früher üblich, findet dort um 10 Uhr ein Platzkonzert des Blasorchesters aus Eslohe statt. Die Busse fahren um 11.30 Uhr nach Serkenrode zurück. Schmitt-Degenhardts Info zum Platzkonzert in „Ruin“ löste spontanen Jubel aus der Schliprüthener Versammlungsdelegation aus.
Es geht dann nahtlos weiter, denn bereits um 13 Uhr treffen die ersten Gastvereine „oben“ auf dem alten Bahnhofsgelände ein. Die Serkenroder Schützen treten derweil um 13.30 Uhr in der Schützenhalle an. Nachdem Kaiser-Königs-und Jungschützenpaar im Gleichschritt abgeholt wurden, geht es hinauf zum ehemaligen Bahnhof, wo sich die Gastvereine hinzugesellen. Über 1000 Teilnehmer werden den Festzug einen Eintrag in die Geschichte sichern.
Der Schützenfestmontag gestaltet sich dann wie gewohnt: 9.30 Uhr Abmarsch der Schützen zur Vogelstange, Königsschießen, Frühschoppen und dann um 17 Uhr im Festzug zum neuen Regenten. Bis dahin gibt es noch viel zu tun. Georg Schmitt-Degenhardt: „Für die Betreuung der Gastvereine suchen wir noch freiwillige Helfer und für den Festzug Kinder, die Schilder tragen.“ Der Vereinschef versprach, dass für alle Teilnehmer kühle Getränke bereit stehen. Die Versammlung applaudierte, wohlwissend, dass bei der Jubiläumsfeier eines „anderen Vereins“ (bei hochsommerlichen Wetter) warmes Bier angeboten wurde.
Apropos Bier: In Serkenrode fließt weiter frisches Veltins! Der Vertrag mit dem Gerstensaft Produzenten aus Grevenstein wurde um 10 Jahre verlängert. Auch die Produktion der Schützenvögel ist weiter gesichert: Nach dem Ende der Vogelbauära von Paul Geueke treten nun Hubertus Mertens und Josef Alfes-Seara in dessen Fußstapfen umd zimmern das hölzerne Federvieh für das Fest zusammen.
Geburtstagsgeschenke gab es für die Mitglieder Robert König (75 Jahre), Hubert Arens, Paul Jostes und Anton Kersting (85 Jahre) sowie für Siegfried Corte und Martin Schneider (85 Jahre).
Die Neuwahlen waren ruck-zuck vom Tisch: Matthias Bertels (2. Vorsitzender) und Thorsten Schulte (Beisitzer) wurden in ihren Ämtern bestätigt; Raimund Schulte löst Georg Schmidt als Kassenprüfer ab.
Ein Beitrag von Schützenpräses Werner König, der auf der Generalversammlung seinen Geburtstag feiern konnte, mahnte die Zusammenkunft vor einem in den zurückliegenden 199 Jahren nie möglich gehaltenen Szenario:
Es ging um die Satzungsänderung, die die Gemeinnützigkeit des Vereins betonen wird. In die neue Satzung wurde auch der bisher bekannte und vertraute Passus „….bei Auflösung oder Aufhebung des Vereins…fällt das Vermögen an die Katholische Kirchengemeinde Serkenrode“ wieder mit aufgenommen. Und genau das könnte laut Werner König zum Problemfall werden. Der Pfarrer im Ruhestand redete wie gewohnt Tacheles: „ Ich hoffe nicht, das wir hier in Serkenrode mal in die Situation kommen. Aber sollte sich der Schützenverein tatsächlich mal auflösen, ist es nicht sicher, dass es die Katholische Kirchengemeinde Serkenrode noch geben wird. Das wäre ein großer Klumpatsch, denn das ganze Geld ginge dann nach Finnentrop.“
Damit spielte König auf die Tatsache an, das es Bewegungen in der Katholischen Kirche gibt, die kleine Pfarreien auflösen und zu großen Verbünden zusammenschließen möchten. „ Pfarrer Raimund Kinold will das als Pastoralverbundleiter von Bigge-Lenne und Fretter übrigens nicht. Aber was ist, wenn es dem Bischof einfallen sollte, Kinold hier abzurufen und einen Nachfolger hinbestellt, der das dann aber vorantreibt? Und man darf nicht vergessen: Ein Bischof kann aus eigenem Recht eine Kirchengemeinde auflösen. Bischof Becker will das nicht, das hat er mir gegenüber erklärt. Was ist, wenn wir in Paderborn aber einen anderen Bischof bekommen? Es darf nicht so weit kommen, das sich hier in den nächsten Jahren alles auflöst und den Bach hinunter in Finnentrop landet.“ Starker Tobak aus dem Mund eines Geistlichen – der in der Versammlung einiges Gemurmel auslöste. Georg Schmitt-Degenhardt nahm das Ruder schnell wieder in die Hand. „Fall es wirklich so kommen sollte und wir uns auflösen, werden wir uns rechtzeitig Gedanken machen, wen wir da in der Satzung einsetzen oder nicht.“ Die Satzungsänderung, in der es ja (bisher) nur um die „Gemeinnützigkeit“ ging, wurde 115 „Ja“ Stimmen angenommen.
Nachdem die Versammlung nach 90 spannenden Minuten beendet war, öffneten sich die Türen in der großen Schützenhalle zum Dorffest. Gut sichtbar unter der Zahl „200“, die in diesem Jahr noch so manche Rolle spielen wird, entwickelte sich unter dem Slogan von „Glaube-Sitte-Heimat“ ein feuchtfröhlicher und harmonischer Abend.
Text&Fotos: Friedhelm Tomba, 04.03.2018